Satanisten foltern und schlachten in der Schweiz rituell Kinder: Das glaubt laut einer SRF-Doku eine Gruppe von Psychiatern, Therapeuten, Polizisten, Lehrpersonen – ohne jeden Beweis. Nun haben ihre Aussagen Konsequenzen.
Hinter diesen kruden Aussagen steht der Verein Cara (Care About Ritual Abuse), der zum Thema Weiterbildungen anbietet, Filme produziert und Bücher vertreibt. «Es wird gequält und gemacht bis zum Tod. Oft wird das Blut getrunken und das Fleisch gegessen», sagt Cara-Präsident Fritz Bamert in der Sendung. Die Behauptungen erinnern an diejenigen der US-Bewegung QAnon – und wie bei dieser fehlen dafür jegliche Beweise. Entsprechende Ermittlungen verschiedener Polizeikorps erbrachten keinerlei Beweise.
«Kein Amt, das nicht unterwandert ist»
Die Bewegung hat Anhängerinnen und Anhänger, die in den Bereichen Bildung und Betreuung arbeiten. So etwa Traumatherapeutin Regula Schwager, Co-Leiterin der Opferhilfestelle Castagna. Sie spricht in der Doku von Berichten über Tier- und Menschenopfer und von einer reichen Oberschicht, deren Vertreter für die Teilnahme bei den Kindesmisshandlungen viel Geld zahlen würde.
Sekundarlehrer Daniel Vuillomenet sagt: «Es gibt kein Amt in der Schweiz, das nicht unterwandert ist. Diese Leute haben sich klar für das Böse und für Satan entschieden.» Seine Partnerin, Primarschullehrerin Marianne Lander, teilt seine Ansichten: «Bei Satansmessen werden regelmässig Kinder, Jugendliche, Frauen umgebracht, geschlachtet.»
Und auch Matthias Kollmann, Oberarzt der Clienia Littenheid SG und Leiter der Traumastation, zeigt sich in der Doku überzeugt, dass es diesen rituellen satanistischen Missbrauch in der Schweiz gibt.
«Es sind Schritte eingeleitet»
Mit den Aussagen der Anhänger konfrontiert, zeigen sich Institutionen, bei denen die Cara-Anhängerinnen und -Anhänger arbeiten, befremdet. Wie eine Sprecherin der Klinik Clienia zu 20 Minuten sagt, distanziere man sich in aller Form von den persönlichen Aussagen des Oberarztes. «Wir nehmen dies sehr ernst und haben umgehend interne Abklärungen eingeleitet.» Während dieser Zeit habe man Kollmann freigestellt.
Auch in der Schule von Lander in der Gemeinde Blauen BL hat reagiert: Laut Schulratspräsidentin Barbara van der Meulen seien Schritte eingeleitet worden, «die wir voraussichtlich bis Ende nächste Woche kommunizieren». «Wenn Lehrpersonen diese Theorie in der Schule verbreiten, wäre das – vor allem bei Kindern – sehr problematisch», sagt dazu Dagmar Rösler, Präsidentin des Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerverbands LCH.
Und im Fall von Castagna stellt Sandra Müller von der kantonalen Opferhilfestelle fest: «Frau Schwagers Aussagen geben in keiner Weise unsere Haltung wieder. Wir gehen den aktuellen Vorwürfen nach.» Man prüfe intern allfällige Schritte.
Hochrangiger Polizist tritt in Cara-Film auf
Auch ein hochrangiger Polizist kommt zu Wort. Angesprochen auf rituellen satanistischen Kindsmissbrauch sagt Thomas Werner, Leiter Ermittlungen Kinderschutz der Stadtpolizei Zürich und Zuger SVP-Kantonsrat: «Ich persönlich gehe davon aus, dass es das tatsächlich gibt», sagt er auf die Frage des SRF-Journalisten nach «satanistischen rituellen Übergriffen von Kindern».
Judith Hödl, Medienchefin der Stadtpolizei Zürich, sagt aber: «Thomas Werner bezog sich bei seiner Antwort generell auf organisierte Misshandlung von Kindern.» Die Aussage sei im Kontext unglücklich gewesen, Konsequenzen habe Werner «selbstverständlich» keine zu befürchten.
Vom Film «Parallelwelten» distanziere man sich dagegen klar. In dem von Cara vertriebenen Film soll die Satanisten-Theorie belegt werden. Werner tritt darin auf. Es sei ihm wichtig gewesen, aufzuzeigen, welche «Schwierigkeiten» die Polizei habe, «solche Fälle» aufzuklären.
Auf Anfrage von 20 Minuten wollte sich der Verein Cara nicht zum Fall äussern. Geschäftsführerin Fabiola Pfäffli verwies auf eine Stellungnahme, die der Verein demnächst auf seiner Website platzieren werde.