Nun ist es amtlich: Die von einem CDU-Staatsanwalt kurz vor der Wahl 2021 veranlasste Razzia in einem SPD-Bundesministerium war rechtswidrig. Jetzt sind Konsequenzen fällig! CDU-Chef Friedrich Merz muss sich entschuldigen.
Die Sache stank von Anfang an gewaltig zum Himmel. Wenige Tage vor der Bundestagswahl im September 2021 veranlassten ein CDU-Staatsanwalt, der dem CDU-geführten Justizministerium in Niedersachsen unterstellt war, und eine CDU-Richterin gemeinsam Razzien in zwei SPD-geleiteten Bundesministerien: im Justizministerium der damaligen Ministerin Christine Lambrecht und im Finanzministerium des SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Es ging – angeblich – um die Bekämpfung von Geldwäsche durch den deutschen Zoll.
Die Union nutzte das Thema, um Olaf Scholz unmittelbar vor der Wahl im Finanzausschuss des Bundestages zu „befragen“ – treffender gesagt, um ihn mit Dreck zu bewerfen. CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet versuchte ebenfalls im TV-Triell mit dem Thema gegen Scholz zu punkten. Der unglaubliche Vorwurf dabei: Der SPD-Kanzlerkandidat würde Geldwäsche tolerieren. Es war der traurige Höhepunkt einer der schmutzigsten Kampagnen der CDU in einem Bundestagswahlkampf. Man kann nur spekulieren, wieviele Stimmen die SPD das auf den letzten Metern so kurz vor der Wahl gekostet hat. Geschadet hat es ihr in jedem Fall.
Gericht: Razzia war unverhältnismäßig und unangemessen
Nun, fünf Monate nach der unseligen Durchsuchung, hat das Landgericht Osnabrück in einem Aufsehen erregenden Urteil entschieden: Die Razzia im Justizministerium war rechtswidrig. Das Landgericht wertete sie als unverhältnismäßig und als unangemessen. Damit gab es der Klage des Bundesjustizministeriums recht. Das hatte gegen die Razzia Rechtsmittel eingelegt, das Bundesfinanzministerium hatte darauf verzichtet.
Das Ungeheuerliche: Der CDU-Staatsanwalt hatte vor der Wahl eine Durchsuchung der Ministerien nach Beweismitteln angeordnet, ohne vorher auch nur ein einziges mal nach entsprechenden Dokumenten gefragt zu haben. Das Landgericht betont nun in seinem Urteil dagegen, es gebe keinen einzigen Beleg, dass das Haus die freiwillige Herausgabe der fraglichen Beweise ablehnen würde. Auch sei damals keine Vernichtung von Beweismitteln zu befürchten gewesen. Ebenfalls habe keine besondere Eilbedürftigkeit bestanden. Es hätte, so das Landgericht, keinerlei „Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten“ im Justizministerium gegeben. Die Folgen der Durchsuchung stünden in keinem Verhältnis zu deren negativen Folgen, auch mit Blick auf das „Ansehen“ der Bundesrepublik.
CDU missbrauchte Justiz für ihren Wahlkampf
Die Razzia war also nichts anderes als ein handfester Justizskandal. Sie war der schamlose Versuch der CDU, im Bundestagswahlkampf 2021 die Justiz als Knüppel zu missbrauchen in ihrem verzweifelten Kampf um die Macht und gegen die SPD. Das ist in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos und erinnert an das Verhalten eines Donald Trump, der im Kampf um die Macht auch keine Hemmungen kennt.
Sollen sich solche unerhörten Praktiken nicht wiederholen, darf jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden. Es muss Konsequenzen geben. Es ist gut, dass der Rechtsstaat mit dem eindeutigen Urteil des Landgerichts den Skandal aufgeklärt hat. Schlecht ist, dass es überhaupt dazu kommen konnte, dass Staatsanwälte und Richter*innen mit CDU-Parteibuch ihre Stellung in der Justiz missbrauchen, um gegen eine konkurrierende Partei vorzugehen. Das muss Konsequenzen haben für die Verantwortlichen: den CDU-Staatsanwalt und die CDU-Richterin. Wie sollen die Bürger*innen Vertrauen in die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Justiz haben, wenn solche Beamte weiter ihres Amtes walten dürfen, als wäre nichts geschehen? Diesen Saustall muss die niedersächsische Justiz ausmisten, und zwar gründlich.
Merz muss Verantwortung übernehmen
Vor allem aber muss der Skandal politische Konsequenzen haben. Dass eine Regierungspartei wie die CDU 2021 zu rechtsstaatswidrigen Methoden greift, ist ein Alarmzeichen für unsere Demokratie. Denn ein solches Verhalten kannte man bisher aus Diktaturen oder korrupten Regimen, aber nicht aus einer funktionierenden Demokratie. Es zeigt einmal mehr, dass der CDU nahezu jedes Mittel recht ist, um sich an der Macht zu halten.
Damit muss Schluss sein. Die CDU muss Verantwortung übernehmen. Sie muss sich öffentlich entschuldigen für ihr übles, rechtsstaatswidriges Foul gegen Olaf Scholz und die SPD. Das gilt für den damals Hauptverantwortlichen der CDU, den ehemaligen Parteichef und Kanzlerkandidaten Armin Laschet.
Es gilt aber noch viel mehr für den amtierenden CDU-Vorsitzenden, denn er spricht und handelt für die CDU der Gegenwart. Friedrich Merz muss nun Farbe bekennen. Er muss sich stellvertretend für seine Partei entschuldigen und öffentlich versprechen, dass sich so etwas nie mehr wiederholt. Merz kann nun zeigen, ob er Anstand und Charakter hat. Sein bisheriges Schweigen zu diesem Justizskandal lässt daran leider zweifeln.