Russlands Präsident Wladimir Putin wirbt vor internationalem Publikum angesichts der Gaskrise in Europa für eine rasche Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2.
Moskau/Brüssel – Wladimir Putin plädiert angesichts der Gaskrise in Europa für eine rasche Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2. Wie Russlands Staatschef erklärt, könnten die Lieferungen über die neue Röhre durch die Ostsee zu einer Entspannung des aufgeheizten Gasmarktes führen – und damit auch zu einer Senkung der Energiepreise. Das erklärte der Präsident am Rande der Russischen Energiewoche, die in der Hauptstadt Moskau stattfindet.
Strom- und Gaspreis in Europa enorm – Russland weist Mitschuld von sich
Die Äußerungen des 69-Jährigen haben den Hintergrund, dass Nord Stream 2* zwar fertiggestellt ist, die Betriebsgenehmigung seitens der deutschen Behörden jedoch nach wie vor ausstehe. Putin bedauerte, dass die „administrativen Barrieren“ bisher nicht überwunden seien. Bereits mehrfach hatte Russland Russland Vorwürfe zurückgewiesen, für die Verantwortung des stark gestiegenen Preisniveaus mitverantwortlich zu sein.
Vielmehr würde die Spekulation an den Börsen den Gaspreis in die Höhe treiben, sagte vor wenigen Tagen der für Energiefragen zuständige Alexander Nowak. Hier sei eine Untersuchung der Akteure an den Börsen nötig, „weil der aktuelle Preis nicht objektiv die gegenwärtige Lage wiedergibt“, ließ der Vize-Regierungschef Russlands wissen.
Auch Kremlchef Putin* wies erneut eine Verantwortung der Energiegroßmacht (Hauptlieferant der EU-Länder für Rohöl und Gas) für die enorm gestiegenen Energiepreise entschieden zurück, bot aber Hilfe an. Schon jetzt liege Russland mit seinen Gaslieferungen um zehn Prozent über den vertraglich vereinbarten Mengen. „Wir sind bereit, die Lieferungen weiter zu erhöhen.“ Allerdings brauche es dafür konkrete Anfragen. Zugleich wies er erneut Vorwürfe zurück, Russland benutze seine Marktmacht, um die Preise in die Höhe zu treiben und Gas als „politische Waffe“ zu benutzen. „Das ist totaler Blödsinn.“ Putin sagte: „Wir liefern so viel, wie angefragt wird.“ Vor wenigen Tagen auf auf dem Gas-Forum in Sankt Petersburg war dieses Thema bereits ein viel diskutiertes:
Nord Stream 2: Alte Pipeline marode – Putin macht sich für Inbetriebnahme stark
Russlands Staatschef wirft vielmehr den Verantwortlichen in der EU Versäumnisse vor: Es sei verpasst worden, nach dem kalten Winter im Sommer die Gasspeicher rechtzeitig wieder aufzufüllen. Die aktuelle Krise auf dem Gasmarkt sei wegen eines Mangels an Elektroenergie in der EU entstanden, führte Putin aus. Er verwies auch auf den wetterbedingten Wegfall von Energie aus Windkraftanlagen. Gas wird massenhaft verstromt, um Elektroenergie zu gewinnen. Deshalb sei der Bedarf an Gas zusätzlich gewachsen. Für die EU-Staaten selbst sind die hohen Energiepreise in der Prioritätenliste längst nach oben gewandert.
Darüber hinaus erhöhte laut Putin Russlands Energieriese Gazprom* den Transit über die Ukraine nach Europa um zehn Prozent. Eine weitere Erhöhung der Liefermengen sei über diesen Weg nicht möglich, weil die Gasdurchleitungssysteme in der Ex-Sowjetrepublik seit Jahrzehnten nicht saniert worden seien. Sie drohten, bei einer stärkeren Nutzung auszufallen. Bei einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2 die Lösung würde der Transportweg von den Gasfeldern in Russland zu den Verbrauchern in den EU-Ländern um 2000 Kilometer kürzer sein – und damit auch weniger kostenträchtig.