Der Volksgerichtshof war das berüchtigte Zentrum der NS-Terrorjustiz. Er verhängte von 1934 bis 1945 mehr als 5000 Todesstrafen. Jetzt arbeitet eine Ausstellung in Berlin seine Entwicklung auf.
Ein überfüllter Gerichtssaal, leises Geraune, dann plötzlich Stille. Fünf Richter in roten Roben betreten zügig den Saal. Sie stellen sich symmetrisch vor der großen Hakenkreuzfahne auf und heben den rechten Arm. Ein lautes „Heil Hitler!“, dann kurzes Stühlerücken. Und erneut gespannte Stille.
So begannen Verhandlungen vor dem Volksgerichtshof (VGH). Die Farbe der Richterroben war so blutig wie die Urteile: Insgesamt fällten die VGH-Richter zwischen 1934 und 1945 gegen mehr als 16.700 Menschen Urteile, davon mehr als 5200-mal die Höchststrafe. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges lautete sogar jedes zweite Urteil auf Tod.
Auslöser für die Gründung des VGH als zusätzlichem, in der Hierarchie der Justiz eigentlich nicht vorgesehenem Gericht war ein Eklat. Ende 1933 hatte das Reichsgericht im Reichtagsbrand-Prozess vier von fünf Angeklagten freigesprochen. Nur einer, Marinus van der Lubbe, wurde zum Tode verurteilt. Hitler, Goebbels und viele andere Nazis tobten: Viel zu milde seien die Urteile ausgefallen, alle fünf gehörten an den Galgen! Man fackelte nicht lang und schuf sich ein eigenes Gericht.
Dieser neue Volksgerichtshof sollte zunächst „Hoch- und Landesverräter“ aburteilen. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 erweiterte das NS-Regime die Zuständigkeit des VGH allmählich: Nun fielen auch Delikte wie Wehrdienstentziehung, Rüstungsvergehen und Sabotage in seine Zuständigkeit. Zugleich wurden die Richter in den roten Roben auch zuständig für die annektierten und besetzten Gebiete Europas. Bald saßen überwiegend Ausländer auf der Anklagebank, die von vornherein als „Staatsfeinde“ galten.
Schon zwei Jahre nach seiner Gründung war der Volksgerichtshof zum ordentlichen Gericht erklärt worden, hatte also seinen Status als „Sondergericht“ verloren und stattdessen zum festen Bestandteil der deutschen Gerichtsbarkeit avanciert. Die Urteile dieses obersten politischen Gerichts erlangten sofort Rechtskraft, Revisionsmöglichkeiten gab es nicht. Die Prozesse wurden regelmäßig von nur zwei Berufsrichtern und drei Laienrichtern geführt, in der Regel überzeugten NSDAP-Mitgliedern, Offizieren oder hohen Beamten.
Auch die freie Wahl des Verteidigers galt vor dem VGH nicht; sie wurde ersetzt durch die Pflicht des Angeklagten, sich den Verteidiger vom Vorsitzenden des Senats genehmigen zu lassen. Agierte ein Verteidiger nicht im Sinne der Richter, so konnte er seinerseits in Gefahr geraten, an den Pranger gestellt zu werden.