Bisphenol A: Hohe Konzentrationen im menschlichen Blut und Urin
Innerhalb Deutschlands werden jährlich ca. 410.000 Tonnen Bisphenol A (BPA) vermarktet. BPA kann sich bei Kontakt mit Lebensmitteln aus dem Produkt lösen und ist dann in diesen nachweisbar. Der mittlere Gehalt an Bisphenol A im menschlichen Blut ist mittlerweile höher als die Konzentration, die bei Mäusen zu einer Beeinträchtigung der Sexualentwicklung führen kann. Die Europäische Umweltagentur hat im Jahr 2023 in elf europäischen Ländern den Urin auf Biospheonal A (BPA) untersucht. Insgesamt wurden bei 92 Prozent der Teilnehmer*innen BPA im Urin nachgewiesen.
Stiftung Warentest: BPA in vielen Lebensmittelkonserven
Im April 2024 hat Stiftung Warentest 58 Lebensmittelkonserven auf BPA getestet. In 51 der 58 Proben wurde BPA nachgewiesen. Ähnliche Ergebnisse zeigte eine Stichprobe des BUND aus dem Jahr 2017. Untersucht wurden Konserven mit Thunfisch, Tomaten, Kokosmilch sowie Mais und Sauerkraut. Das Ergebnis ist erschreckend: knapp 74 Prozent der untersuchten Lebensmittelproben waren belastet. Der BUND hat die gesundheitsschädliche Chemikalie in häufig konsumierten Thunfisch-, Tomaten- und Kokosmilchkonserven aus den Regalen der großen Handelsketten Lidl, Rewe, Aldi, Edeka, Netto und Penny nachgewiesen.
Bisphenol A: Hormongift mit fatalen Folgen
Bisphenol A gehört zu den hormonellen Schadstoffen, die bereits in winzigen Mengen in unseren Hormonhaushalt eingreifen können. Es ist außerdem ein gutes Beispiel dafür, wie wenig die traditionelle Risikobewertung noch geeignet ist, tatsächliche Schäden zu erfassen: Möglicherweise ist es durch eine direkte Einwirkung auf Hormonrezeptoren in geringeren Konzentrationen schädlicher als in größeren Mengen. Frühreife, eine reduzierte Spermienzahl oder auch Verhaltensstörungen werden als mögliche Folgen diskutiert.
Bisphenol A: BUND fordert Ersatz durch sichere Alternativen
Bisphenol A ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig eine von der Industrie unabhängig finanzierte Risikobewertung ist. So wiesen alle Ergebnisse unabhängiger wissenschaftlicher Untersuchungen der vergangenen Jahre auf eine Gesundheitsgefährdung hin, wohingegen alle von der Industrie durchgeführten Studien Entwarnung gaben.
Im Sommer 2007 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge um das Fünffache auf 50 Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht erhöht, was von Umwelt- und Verbraucherschützer*innen stark kritisiert wurde. 2015 hat die EFSA eine Neubewertung von BPA veröffentlicht mit der Absenkung des Wertes um mehr als das zehnfache auf vier Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht. Im Jahr 2022 wurde BPA von der EFSA erneut neu bewertet und als gefährlicher als bisher angenommen eingestuft.
Im Rahmen der Umsetzung des Chemikaliengesetzes REACH fordert der BUND ein Verbot des Stoffes für alle Anwendungsbereiche, für die sicherere Alternativen vorhanden sind.
Bisphenol A: Ausschuss stimmt für eine Einstufung als „besonders besorgniserregend“
Am 4. Februar 2016 hat der REACH-Ausschuss für eine Einstufung von Bisphenol A als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B gestimmt. Wie auch krebserregende oder erbgutverändernde Stoffe der Kategorie 1, könnte BPA somit nach Artikel 57(a) der EU-Chemikalienverordnung REACH in die „Kandidatenliste“ für besonders besorgniserregenden Stoffe aufgenommen werden. Die neue Einstufung von BPA als besonders besorgniserregender Stoff der Kategorie 1B ist am 1. März 2018 in Kraft getreten.
Bisphenol A: Es geht auch ohne
Japan hat vorgemacht, dass es anders geht: Dort hat die Industrie auf Warnungen der Gesundheitsbehörde reagiert und bietet seit 20 Jahren BPA-freie Konserven an. In Frankreich gilt seit Januar 2015 ein nationales Verbot für BPA in allen Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen.
Ergebnisse zu Bisphenol A in Trinkwasser veröffentlicht
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart hat seine Ergebnisse zu Bisphenol A in Trinkwasser veröffentlicht. Dabei wurden besorgniserregende Gehalte an Bisphenol A nach Epoxidsanierungen gefunden.
„Die Chemikalie Bisphenol A ist in Klebstoffen, Lacken oder Kunstharzen enthalten. Letztere werden unter anderem zur Sanierung von Trinkwasserleitungen eingesetzt. Nach ersten Befunden zu Bisphenol A im Warmwasser im Jahr 2021, setzte die Trinkwasserüberwachung in Baden-Württemberg die Untersuchungen fort. Im Fokus sind vor allem sanierte Trinkwasserinstallationen von Gebäuden, beispielsweise Mehrfamilienhäusern. In nahezu allen sanierten und von den Gesundheitsämtern beprobten Objekten hat das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) Stuttgart Bisphenol A im Warmwasser in besorgniserregenden Konzentrationen festgestellt. Mit 2,5 Mikrogramm je Liter wird der seit dem Jahr 2024 gültige Trinkwassergrenzwert bei 87 Prozent der Warmwasserproben um mehr als das Achtfache überschritten,“ sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR), Peter Hauk, am 30. August 2023.
Die Epoxidsanierung wird von einschlägigen Unternehmen als eine vermeintlich günstige Alternative zur Komplettsanierung, also dem Austausch der Wasserleitungen, angeboten. Meist sind die Gesundheitsämter in die Planungen von Eigentümern und Hausverwaltungen nicht eingebunden, da bei Wohn- oder Mehrfamilienhäusern die Sanierung der Behörde nicht gemeldet werden muss.
Regelmäßige Untersuchungen sinnvoll
„Die Epoxidsanierung ist langfristig gesehen anscheinend nicht so sicher, wie es von den Anbietern anhand von Zertifikaten dargestellt wird“, stellt Verbraucherschutzminister Peter Hauk fest und empfiehlt Betreibern von Trinkwasserinstallationen im Hinblick auf die aktuellen Untersuchungsergebnisse einen kritischen Umgang mit dem Verfahren. Ist eine Sanierung nach diesem Verfahren bereits erfolgt, rät Minister Hauk dazu, das Trinkwasser, vor allem das Warmwasser regelmäßig und dauerhaft auf Bisphenol A untersuchen zu lassen. Unauffällige Befunde in den ersten Jahren nach der Sanierung bedeuten keine Entwarnung. Temperaturen im Warmwasser von vorübergehend mehr als 65 Grad Celsius, die beispielsweise bei einer thermischen Desinfektion in jedem Fall erreicht werden, scheinen dazu zu führen, dass es langfristig zu Bisphenol A-Einträgen in das erwärmte Trinkwasser kommt. Wird der zukünftige Grenzwert überschritten, steht spätestens dann doch eine Komplettsanierung im Raum.
Minister Peter Hauk betont aber auch: „Im Kaltwasser wurde Bisphenol A nicht nachgewiesen. Zum Verzehr und bei der Zubereitung von Lebensmitteln sollten Verbraucherinnen und Verbraucher daher vorsorglich Kaltwasser verwenden. Dieses kann in der Regel bedenkenlos getrunken und verzehrt werden.“
Bisphenol A ist eine Chemikalie, die häufig als Komponente in Klebstoffen, Lacken oder Kunstharzen (sogenannte Epoxidharze) verwendet wird.