In der Affäre um den „Körperwelten“-Initiator Gunther von Hagens gerät nun die Universität Heidelberg unter Druck. Die Hochschule bestätigte am Montag einen SPIEGEL-Bericht, dass es an ihrem Institut für Anatomie Anfang der neunziger Jahre ein Millionengeschäft mit Präparaten menschlicher Leichen gab.
„Zwei bis drei Millionen Mark“ aus dem Verkauf von solchen Plastinaten an andere Medizininstitute seien damals auf ein eigens dafür eingerichtetes Drittmittelkonto der Universität geflossen, sagte Pressesprecher Michael Schwarz. Allein 1991 gab es laut Schwarz zwei Zahlungseingänge über insgesamt 768.350 Mark, die aus Kuweit und Saudi-Arabien stammten. Dies ergaben nach seinen Worten die Ermittlungen der Abteilung Innenrevision der Hochschule, die seit einem Monat die Geschäfte des universitären „Plastinationslabors“, das Hagens leitete, überprüft.
Die entsprechenden Geldeingänge seien „formal überprüft“ und dann dem Anatomie-Institut der Universität zugewiesen worden, an dem Hagens bis 1996 Mitarbeiter war. „Dass die Universität selbst damit Geld verdient hat, schließen wir weitgehend aus“, sagte Schwarz. Hagens seien damals gemäß einer Dienstvereinbarung 15 Prozent aus dem Plastinationsgeschäft als Provision zugestanden worden.
Ende Januar hatte der frühere Chef von Hagens, Wilhelm Kriz, noch den Vorwurf eines „schwunghaften Leichenhandels“ zurückgewiesen und betont, dass mit dem Verkauf von Präparaten ein Jahresumsatz von nur rund 100.000 Mark erzielt worden sei. Kriz habe jetzt angegeben, „dass er über die Geldflüsse nicht Bescheid wusste“, sagte Schwarz. Anfang der neunziger Jahre sei behauptet worden, dass die von Hagens entwickelte Plastinationsmethode sehr teuer sei und das Geld zur Weiterentwicklung dieser Methode eingesetzt werde.
Zahlungen aus Kuweit und Saudi-Arabien
Das exakte Wissen über die Zahlungseingänge aus Kuweit (417.531 Mark) und Saudi-Arabien (350.819 Mark) sei „einem Zufall zu verdanken, durch den der Jahrgang 1991 im Uni-Archiv aufbewahrt wurde“, sagte Schwarz. Da nach der Landeshaushaltsordnung Belege nach sechs Jahren vernichtet würden, könne man die übrigen damaligen Vorgänge „heute nicht mehr überprüfen“.
Institutsleiter Kriz habe Anfang der neunziger Jahre „volles Vertrauen“ in seine Mitarbeiter gehabt, sagte Schwarz. „Das hat sich ein wenig Mitte der neunziger Jahre geändert und hat letztendlich zum Ausscheiden von Hagens aus der Universität im Jahr 1996 geführt“, ergänzte er. Damals sei klar gewesen, dass der Bereich der Plastination von dem des Anatomie-Instituts getrennt werden musste.
Schwarz sagte, die Universität habe Anfang der neunziger Jahre „offenbar Leichen aus Moskau geliefert bekommen“. Er fügte hinzu: „Ihre Zahl können wir nicht feststellen.“ Es habe damals aber eine „wissenschaftliche Kooperation“ zwischen Hagens und einem Moskauer Medizin-Institut gegeben. Für die gelieferten formalin-fixierten Leichen gebe es am Institut für Anatomie „keine Eingangs- und Ausgangsbescheide“ mehr. Sehr genaue Auflistungen lägen hingegen für Leichen aus Vermächtnissen vor – also von Menschen, die ihren Körper nach dem Tod für Zwecke der Forschung und Lehre zur Verfügung stellten.
Hagens hatte am Sonntag die Vorwürfe zu einem „Millionengeschäft“ mit menschlichen Präparaten zurückgewiesen. Es gebe keine „dunklen Kanäle“, in denen er oder Dritte Gelder verschwinden ließen.