Eine neue Technik könnte einen gezielten Ansatz zur Krebsbekämpfung bieten: Es hat sich nämlich herausgestellt, dass Ultraschallpulse geringer Intensität Krebszellen selektiv abtöten, während normale Zellen unversehrt bleiben.
Der außerordentliche Professor und Direktor für Musik am Skidmore College, Anthony Holland, erzählte der Zuhörerschaft von seinem Traum. Dieser Traum geht dahin, eine Zukunft zu sehen, in der Kinder nicht mehr unter den Auswirkungen giftiger Krebsmedikamente oder Strahlenbehandlungen leiden müssen, und heute glauben er und sein Team, die Antwort gefunden zu haben, und diese Antwort erscheint sehr konkret.
Holland und sein Team fragten sich, ob sie eine Zelle etwa beeinflussen könnten, indem sie ein bestimmtes elektrisches Signal senden, ähnlich wie wir es bei der LCD-Technologie tun. Nachdem sie die Patentdatenbank nach einem Gerät durchsucht hatten, das dies erreichen könnte, stießen sie auf ein therapeutisches Gerät, das vom Arzt Dr. James Bare aus New Mexico erfunden wurde. Das Gerät verwendet eine Plasmaantenne, die ein- und ausschaltet, was, wie Holland erklärt, wichtig ist, da ein konstanter Stromimpuls zu viel Wärme erzeugen und damit die Zelle zerstören würde. In den nächsten 15 Monaten suchten Holland und sein Team nach der genauen Frequenz, die einen lebenden Mikroorganismus direkt zerstören würde. Die Lösung ergab sich schließlich in Form von zwei Eingängen, einem Hochfrequenz- und einem Tiefton.
Die hohe Frequenz musste genau elfmal höher sein als die tiefe, die in der Musik als 11. Harmonische bekannt ist. Bei der 11. Harmonischen beginnen Mikroorganismen, wie Kristallglas zu zerbrechen.
Nachdem sie konsequent geübt hatten, bis sie das Verfahren erfolgreich beherrschten, begann Holland dann, mit einem Team von Krebsforschern zusammenzuarbeiten, um ausgewählte Krebszellen unschädlich zu machen. Zuerst untersuchten sie Bauchspeicheldrüsenkrebszellen und stellten schließlich fest, dass diese Zellen in einem Bereich zwischen 100.000 und 300.000 Hz besonders anfällig waren.
In wiederholten und kontrollierten Experimenten töteten die Frequenzen, die unter der Bezeichnung Oszillierendes Gepulstes Elektrisches Feld (OPEF) bekannt sind, durchschnittlich 25 % bis 40 % von Leukämiezellen ab, in einigen Fällen sogar bis zu 60 %. Darüber hinaus verlangsamte die Intervention sogar die Wachstumsraten von Krebszellen um bis zu 65 %.
Das Verfahren schont gesunde Zellen, während es krebserregende Zellen eliminiert
Eine Anwendung über eine Minute mit 500.000 Hertz-Ultraschall, der in 20-Millisekunden-Stößen abgegeben wurde, tötete fast jede Krebszelle. Es hat den Blutkörperchen dabei nicht geschadet. Außerdem blieben mehr als acht von zehn Immunzellen unversehrt. Mittelstein sieht darin einen beachtlichen Erfolg.
Die meisten Krebsbehandlungen beinhalten Operationen, chemische Gifte oder toxische Strahlung. Da sie dazu neigen, gesunde Zellen zusammen mit krebsartigen Zellen zu entfernen, können diese Behandlungen die Patienten müde machen, verletzen und noch mehr. Forscher suchen daher nach neuen Ansätzen, welche die gesunden Zellen schonen. Eine neue Idee wäre es in der Tat, Krebszellen mit Ultraschallenergie zu zerstören. Doch auch diese Behandlung kann mitunter gesundes Gewebe schädigen. Eine neue Entwicklung könnte indes hier zur Hilfe kommen. Sie begrenzt den Schaden der Ultraschallenergie gezielt lediglich auf die Krebszellen. Gesunde Zellen sollten dabei wenig bis gar überhaupt keinen Schaden nehmen.
Es ist spannend, so sagt David Mittelstein zu den Erkenntnissen seines Teams. Mittelstein ist biomedizinischer Ingenieur am California Institute of Technology in Pasadena. Ultraschall mit geringer Intensität, so erläutert er, „könnte es Ärzten ermöglichen, Krebszellen aufgrund ihrer einzigartigen physikalischen und strukturellen Eigenschaften zu bekämpfen.“ Jedes Überschwappen der Energie sollte gesundem Gewebe nur wenig Schaden zufügen.
Die Behandlung sendet Pulse von Schallwellen – Energie – aus, die eine Frequenz von über 20.000 Hertz (Zyklen pro Sekunde) aufweisen. Das ist zu hoch, um vom menschlichen Ohr wahrgenommen zu werden. (Das ist es, was es zum „Ultra“-Schall macht.) Die medizinische Bildgebung beruht auf sehr kurzen Pulsen dieses Ultraschalls geringer Intensität.
Ärzte hatten bereits hochintensiven Ultraschall verwendet, um Krebszellen abzutöten. Diese Schallwellen senden viel Energie an einen kleinen, fokussierten Bereich. Die Wellen vibrieren Wasser in den Zellen in diesem Bereich. Dadurch erwärmen sich die Zellen erheblich. Gezielte Zellen und ihre Nachbarn können innerhalb von nur 20 Sekunden 65° Celsius erreichen. Dadurch werden Krebszellen abgetötet. Die Kehrseite: Es werden auch gesunde abgetötet.
Mittelsteins Team wollte etwas anderes ausprobieren.
Ein anderes Caltech-Labor hatte die Auswirkungen von Ultraschall mit geringer Intensität auf Krebszellen untersucht. Diese Zellen unterscheiden sich von gesunden. Sie haben einen größeren Kern und sind zudem weicher. Dieses andere Caltech-Team erstellte Computermodelle von Krebszellen. Diese Modelle legten nahe, dass Ultraschall mit geringer Intensität diese Zellen töten könnte. Der Vorgang, erklärt Mittelstein, sei „ähnlich, wie ein ausgebildeter Sänger ein Weinglas zertrümmern kann, indem er eine bestimmte Note singt“.
Diese Idee war jedoch zuvor noch nicht getestet worden. Also machte sich sein Team an die Arbeit.
Zuerst vermischten sie Krebszellen mit gesunden Blutzellen und Immunzellen. Die Zellen wurden alle in einer Flüssigkeit suspendiert. Dann richteten die Wissenschaftler kurze Pulse von Ultraschall geringer Intensität auf diese Lösung mit den Zellen.
Das Team testete dabei verschiedene Ultraschallfrequenzen, und zwar im Bereich von 300.000 bis 650.000 Hertz. Sie testeten zudem unterschiedliche Pulsdauern (von 2 bis 40 Millisekunden). Eine Anwendung über eine Minute hinweg mit 500.000 Hertz-Ultraschall, der in 20-Millisekunden-Stößen abgegeben wurde, tötete fast jede Krebszelle. Es hat den Blutkörperchen nicht geschadet.Außerdem blieben mehr als acht von zehn Immunzellen unversehrt. Mittelstein wertet es als großen Erfolg.
Eine wihtige Aufgabe für Mikrobläschen
Die Behandlung führte dazu, dass sich superkleine Mikrobläschen – wahrscheinlich winzige Luftblasen, die in der Flüssigkeit vorhanden waren – verschmelzen. Die Ultraschallwellen verursachten, dass diese größeren Blasen oszillierten (sich hin und her bewegten). Die Oszillation ließ diese Mikrobläschen wachsen und dann gewaltsam kollabieren. Um Krebszellen abzutöten, so berichtet Mittelstein, „war eine Mikrobläschenschwingung notwendig – doch allein nicht ausreichend“. Mikrobläschen oszillierten sowohl in gesunden als auch in Krebszellen. „Aber nur die Krebszellen“, so fügt er inzu, „waren anfällig für bestimmte Ultraschallfrequenzen.“
Mehr Schaden trat auf, wenn die Ultraschallwellen mehr als einmal zurückprallten und die Krebszellen trafen.
Die anfänglichen Ultraschallwellen werden als Wanderwellen bezeichnet. Sie verlassen das Gerät, welches sie erzeugt. Wenn diese Wellen jedoch auf eine Oberfläche treffen, können sie zurückreflektiert werden – in die entgegenkommenden Wanderwellen hinein. Die kollidierenden Wellen verbinden sich zu einem speziellen Muster, das als „stehende Welle“ bekannt ist, erklärt Mittelstein. Und diese Welle hat einige „besondere stationäre Punkte, die ‚Knoten‘ genannt werden“, so ergänzt er. An diesen bleibt der Druck konstant. Es entwickeln sich auch einige andere stationäre Flecken, die als „Antiknoten“ bezeichnet werden. Darin sagt er, „geht der Druck mit der doppelten Amplitude [Höhe] der Wanderwelle auf und ab“. Am Ende schwingen Blasen in der stehenden Welle stärker als die in einer normalen Welle. Und diese zusätzliche Schwingung erwies sich als wesentlich für das Abtöten von Krebszellen.
Das Team vermutet, dass die stehende Welle Mikrobläschen näher zusammenbringt. Das verstärkt dann die auf den Zellen abgelagerte Ultraschallenergie, so Mittelstein. Nicht alle Zellen reagieren gleich auf diese stehende Welle. Welche das tun, hängt von ihren physikalischen Eigenschaften ab. Hier wurden nur Krebszellen geschädigt.
Wichtig: Die Informationen ersetzen auf keinen Fall eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte. Die Inhalte von medizin-heute.net können und dürfen nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen anzufangen.