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Das Osmanische Reich: Abenddämmerung eines goldenen Zeitalters

Das Osmanische Reich: Abenddämmerung eines goldenen Zeitalters
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Der Ökonom der österreichischen Schule Ludwig von Mises erörtert die Unterschiede zwischen Patriotismus, Nationalismus, Militarismus, Liberalismus und Etatismus in seinem Buch „Omnipotent Government: Rise of the Total State“. Er führt die Wurzeln des Nationalismus auf den Liberalismus zurück – die Ideologie der Aufklärung mit dem Ziel, die Nationen der alten Welt als freie Bürger mit ihren natürlichen Rechten unter einer freien Marktwirtschaft und einem begrenzten Staat zu vereinen. Der Nationalismus ist eine pervertierte Form des Patriotismus und des Liberalismus. In der Praxis schlug der Liberalismus schnell in Nationalismus und Militarismus um. Vor allem in den Ländern, in denen verschiedene Nationen die Souveränität über dasselbe Gebiet beanspruchten (z.B. in Osteuropa). Das Problem bei der Fokussierung auf den Nationalismus ist, dass der Nationalismus lediglich ein Mittel zum Zweck war, um Nationalstaaten mit absoluter Macht über den Einzelnen zu schaffen.

Das Osmanische Reich ist ein gutes Beispiel für ein Imperium, das auf individuellen Freiheiten und dem freien Markt basierte. Die Herrscher schufen in erster Linie Rahmenbedingungen für ein harmonischeres Miteinander der Menschen, aber das Reich diktierte den Menschen nicht in allen Einzelheiten, wie sie ihr Leben zu führen hatten. Ein solches autokratisches Reich geht natürlich mit Einschränkungen der Freiheit einher, aber diese Einschränkungen waren im Vergleich zu heute gering. Erst mit dem Aufkommen des demokratischen, parlamentarischen Nationalstaates wurden die Menschen voll und ganz zum Eigentum des Staates.

Letztendlich war es also nicht der Nationalismus, der die alten Reiche zu Fall brachte – es war der Etatismus, die Ideologie des demokratischen Nationalstaates. Diese Ideologie basierte auf dem Aufklärungszeitalter. Diese Bewegung wurde von Geheimgesellschaften gesteuert. Der Liberalismus war das Lockvogelangebot an die Intellektuellen, die die Revolutionen vorbereiteten. Den Nationalismus als Schuldigen hinzustellen, spielt heute den Eliten in die Hände, die die Nationalstaaten durch eine globale Ordnung ersetzen wollen.

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Links: Das Osmanische Reich auf seinem kulturellen Höhepunkt im Jahr 1593. War es wirklich ein Imperium oder eher so etwas wie ein Commonwealth freier Königreiche, die durch eine primäre „Religion“ vereint waren?
Rechts: Die schrittweise Vernichtung des Osmanischen Reiches von 1878 bis 1913: Die Kabale zerstörte das sterbende Reich langsam mit Hilfe von durch die Freimaurer inspirierten Geheimgesellschaften, politischen Intrigen und wirtschaftlichem Druck, was schließlich im Ersten Weltkrieg gipfelte. Bild entnommen aus „Shattering Empires“​

Zwischen 1876 und 1915 verlor ein Viertel der Welt ihre alten Regierungen und wurde von imperialen Kräften erobert.

Wieder einmal finden wir die Industrielle Revolution im Westen als Ursache grundlegender Veränderungen, für die es keinen Vergleich in der Geschichte gibt. Da niemand wirklich weiß, warum sie stattfand, wird diese „Große Divergenz“ auch als „Wunder“ betrachtet:

‚Die Große Divergenz oder das Europäische Wunder ist der sozioökonomische Wandel, bei dem die westliche Welt die vormodernen Wachstumsbeschränkungen überwand und im 19. Jahrhundert zur mächtigsten und wohlhabendsten Weltzivilisation aufstieg und die osmanische Türkei, das Mogulreich Indien, Qing China, Tokugawa Japan und Joseon Korea in den Schatten stellte. (…) Der technologische Fortschritt (…) wurde im Westen in höherem Maße genutzt als im Osten (…).“
– Wikipedia

Diese Machtverschiebung besiegelte das Schicksal aller unabhängigen Königreiche und Imperien auf der Erde, da der auf ein ruhiges Leben mit nachhaltiger Landwirtschaft, Kunst, Tradition und Religion ausgerichtete Lebensstil der alten Welt unter den neuen Rahmenbedingungen nicht mehr funktionierte.

Der Historiker Paul Bairoch vertritt die Ansicht, dass die größte Schwäche des Osmanischen Reiches darin bestand, dass es sich dem freien Handel verschrieben hatte: Das bedeutete auch, dass es den Entwicklungen im Westen faktisch ausgeliefert war und mit all den dortigen Fortschritten konkurrieren musste. In unserem Verständnis können wir dies nicht als Schwäche, sondern als Stärke interpretieren, zumindest in der alten Welt. Aber was in der alten Welt eine Stärke war, wurde nun zu einer Schwäche. Westliche Historiker verstanden zunächst nicht wirklich, warum das alte osmanische Regime bzw. das Ancien Régime bewusst ein System schuf, das auf Dezentralisierung basierte – Macht willentlich aufzugeben ist etwas, das dem westlichen Denken fremd ist. Deshalb lautete die ursprüngliche These, dass diese Dezentralisierung ein unfreiwilliger Niedergang war. Neue Daten zeigen jedoch, dass sie in der Tradition verwurzelt war und tatsächlich mit Absicht geschah.

Das Osmanische Reich hatte ein Freihandelssystem geschaffen, in dem Steuer- und Landwirtschaftsprivilegien an den Meistbietenden verkauft wurden – ein äußerst effektives und effizientes System der freien Marktwirtschaft, das sowohl den Wohlstand als auch die Freiheit aufrechterhielt. Dieses System wurde später unter dem Begriff der „Neuen Ordnung“ als Reaktion auf die Bedrohung durch den westlichen Nationalismus und Militarismus abgeschafft. Die Lebensweise in der alten arabischen Welt basierte auf relativer Religionsfreiheit, Handelsfreiheit, Freizeit (Badehäuser, Kaffeehäuser) und Luxus. Die Verbindung von Badehäusern mit Moscheen deutet darauf hin, dass die ursprüngliche Rolle der Religion mit der Reinigung und Heilung von Körper und Geist zusammenhing. Bis 1850 war das Osmanische Reich das einzige Reich auf der Welt, das noch keine Schulden aus dem Ausland aufgenommen hatte.

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„Das tägliche Leben im Osmanischen Reich“, von Fausto Zonaro

Die „Osmanische Niedergangsthese“ lautet wie folgt:

„… nach einem goldenen Zeitalter, das mit der Herrschaft von Sultan Suleiman dem Prächtigen (1520-1566) verbunden war, trat das Reich allmählich in eine Periode allumfassender Stagnation und des Niedergangs ein, von der es sich nie mehr erholen konnte und die bis zur Auflösung des Osmanischen Reiches im Jahr 1923 andauerte.“

Dies erwies sich als eine einseitige und politisch motivierte Sichtweise, die dazu diente, das alte Regime zu zerstören. Stattdessen macht es mehr Sinn, es so zu sehen: Die dezentrale Lebensweise war eine Erinnerung an das Byzantinische Reich, und die ersten Jahrzehnte des Osmanischen Reiches lebten noch in der Qualität und Erinnerung eines „Goldenen Zeitalters“. Von da an war zwar ein langsamer kultureller Niedergang zu beobachten, aber die Menschen kämpften aktiv gegen diesen Niedergang an, indem sie die alte Lebensweise so weit wie möglich beibehielten:

„Das Osmanische Reich war in seiner Verwaltungspolitik im Wesentlichen konservativ (…) In der heterogenen Grenzgesellschaft des frühen osmanischen Staates wurde der starren islamischen Orthodoxie wenig Beachtung geschenkt. (…)

 

Wie frühere muslimische Staaten richtete das Osmanische Reich seine Ideale und seine Inspiration auf ein goldenes Zeitalter in der Vergangenheit, war skeptisch gegenüber der Effektivität menschlicher Bemühungen und empfand die Idee des Fortschritts als fremd für seine Werte.“

 

– „Egypt and the Fertile Crescent“, P. M. Holt​

Nach der ostasiatischen Tradition durchläuft die Welt Phasen der Degeneration, und der Übergang vom glorreichen Byzantinischen Reich zum weniger harmonischen Osmanischen Reich könnte ein Zeichen für den letzten dieser „Rückschritte“ sein:

Die bekannteste Form der Lehre von den vier Zeitaltern ist die der griechisch-römischen Tradition. Hesiod spricht hier von vier Ären, die durch die Metalle Gold, Silber, Bronze und Eisen gekennzeichnet sind. (…)
Die Hindu-Überlieferung besitzt die gleiche Lehre in der Form der vier Zyklen, die respektive satya-yuga, treta-yuga, dvapara-yuga und kali-yuga (d.h. dunkles Zeitalter) heißen, wozu das Bild kommt, dass in jedem dieser Zeitalter immer ein Bein mehr von den vier Beinen oder Stützen des Stieres wegfällt, der das dharma, das traditionale Gesetz, symbolisiert. Die iranische Version ist der griechischen ähnlich: Die vier Zeitalter sind bekannt und gekennzeichnet durch Gold, Silber, Eisen und eine „Eisenmischung“. In der Lehre der Chaldäer findet sich diese Anschauung ebenfalls mit beinahe gleichen Bezeichnungen. (…)
Die vorherschende Auffassung der antiken traditionalen Lehre besagt, dass es in Wirklichkeit zu einer Art Bruch kommen wird, der dann den einen vom anderen Zyklus trennt. Nicht zu einem allmählichen Sich-Wiederfassen und Sich-Wiederaufrichten würde es kommen, sondern zu einem völlig neuen Anfang, zu einer plötzlichen, sprunghaften Änderung, die einem Impuls aus dem göttlichen und metaphysischen Bereich unterstünde.
– Julius Evola​

Nachdem die Amerikanische und die Französische Revolution die alte Ordnung im Westen zerstört hatten, um die Imperien/Königreiche durch Nationalstaaten zu ersetzen, war es für die Herrschenden Kräfte an der Zeit, die wenigen verbliebenen unabhängigen Imperien ins Visier zu nehmen, darunter das Osmanische Reich.

Russland, Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich implodierten alle nach dem Ersten Weltkrieg, aber nur das Osmanische Reich war eine echte Bedrohung. Da das Russische Reich bereits größtenteils unter der Kontrolle der herrschenden Kräfte stand, ging es in erster Linie darum, das Osmanische Reich zu Fall zu bringen. Wie ich in diesem Text zu zeigen versuche, lebte die Bevölkerung noch in den Erinnerungen an die alten Zeiten, es war eine dezentral organisierte und unfreiwillig multiethnische Gesellschaft, die dennoch auf Respekt, Spiritualität und Tradition beruhte, und die Menschen betrachteten sich als Überlebende des letzten Kataklysmus (Reset) – sie waren keine Türken, sondern stolze Römer, Erben von Byzanz.

Der Untergang Griechenlands im Jahr 1821​

Griechenland war bis 1821 Teil des Osmanischen Reiches und eines der ersten Teiles des Reiches, dass der Subversion zum Opfer fiel.

Der sogenannte griechische „Unabhängigkeitskrieg“ wurde von der neu gegründeten Geheimgesellschaft Philiki Etaireia („Freundschaftsgesellschaft“) initiiert, die von der westlichen Freimaurerei inspiriert war und von Freimaurern mit westlichen Wurzeln geleitet wurde. Ihr Ziel war der Umsturz der osmanisch-türkischen Herrschaft.

Die Wurzeln der Freimaurerei in Griechenland gehen auf das Jahr 1782 zurück, als die erste Loge auf Korfu eröffnet wurde, einer Insel unter venezianischer Herrschaft, während der Rest Griechenlands noch in der Hand der Osmanen war. Die Loge stand unter der Leitung der Großloge von Verona (Padua, Italien). In den folgenden Jahren wurden weitere Logen auf anderen von Venedig kontrollierten Inseln gegründet (auf der gesamten Heptanisa, den „sieben Inseln“, nahe der westgriechischen Küste).

1809 wurde in Paris (Frankreich) ein Vorläufer der Philiki Etaireia als Geheimgesellschaft mit dem Namen Ellinoglosso Xenodocheio („Griechisch sprechendes Hotel“) gegründet, mit dem erklärten Ziel, das Osmanische Reich in Griechenland zu zerstören und Griechenland zu „befreien“. Ein weiterer griechischer Geheimbund wurde 1790 in Wien gegründet und nannte sich „Bon Cuisins“.

Philiki Etaireia hatte auch wichtige Verbindungen zur Phönix-Loge in Moskau, manche glauben, dass sie ihre Mutterloge war. Wir sehen, dass die verschiedenen Köpfe der Hydra langsam aus dem Westen und aus Russland in das Osmanische Reich eindrangen.

Der Name​

Die Osmanen nannten sich nicht Osmanen. Auf alten Karten sehen wir, dass das Osmanische Reich gemeinhin als Türkisches Reich bezeichnet wurde. Aber die meisten Menschen wollten auch nicht Türken genannt werden. Viele waren noch mit der byzantinischen Kultur vor der osmanischen Herrschaft verbunden, als die Türken 1453 Konstantinopel eroberten. Der Islam wurde eher als eine Manifestation der ursprünglichen, singulären Weltteligion gesehen und nicht als eine mit dem Christentum konkurrierende Religion.

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Die Menschen, die im Osmanischen Reich lebten, nannten sich nicht Türken oder Osmanen, sie betrachteten sich als Rūmī oder Römer, deren Erbe und Kultur fest im Byzantinischen Reich verwurzelt war. Wahrscheinlich können wir das Osmanische Reich als eines dieser Reiche betrachten, die nach dem Reset entstanden sind – ein Schatten der Alten Welt, der vor etwa 600 Jahren (+-100 Jahre) auseinanderbrach. Diese Reiche haben sich danach wahrscheinlich umbenannt, z.B. wurde aus Skythien Tartaria, wie wir auf den alten Karten sehen können, je nachdem, welche Gruppe an die Macht kam.

Obwohl die offizielle Geschichte uns erzählt, dass die Türken das Byzantinische Reich eroberten und im Laufe der Zeit das orthodoxe Christentum langsam durch den Islam ersetzten, blieb der alte Geist lebendig – die Tatsache, dass die Türken andere Religionen respektierten, hat sicherlich geholfen.

Die osmanischen Kaiser betrachteten sich als die wahren Erben des Römischen Reiches. Sie behaupteten, sie hätten lediglich die Hauptreligion vom Christentum zum Islam geändert, aber alles andere in der alten Tradition belassen. Auch wenn das wohl nicht so ganz stimmt, ist die authentische Verbindung zur Vergangenheit plausibel. Es stimmt zwar wahrscheinlich, dass viele orthodoxe Christen in die Donau-Fürstentümer oder nach Morea (die letzten orthodoxen Hochburgen) geflohen sind, um ein Leben ohne den Einfluss des Islam zu führen, aber es scheint, dass der Unterschied zwischen Islam und Christentum nicht so verhärtet und ideologisch war wie heute. Es scheint, dass die Menschen sie einfach wie verschiedene Sportmannschaften betrachteten, aber es war immer noch derselbe Sport.

Sowohl das westliche Rom als auch das russische Rom („Das dritte Rom“) versuchten, die osmanischen Herrscher zu deligitimieren, da jeder für sich in Anspruch nahm, das „wahre Rom“ zu sein.

Es gibt weitere Hinweise darauf, dass sich Christen und Muslime ideologisch näher standen als Christen und der Vatikan oder Muslime und der Vatikan:

Im Jahr 1845, während der irischen Hunersnot, bot der osmanische Sultan Abdülmecid dem irischen Volk 10.000 Pfund an, aber Königin Victoria handelte den Betrag herunter, da sie selbst nur 1.000 Pfund geschickt hatte. Also schickte der Sultan 1.000 Pfund, aber auch fünf Schiffe voller Lebensmittel. Obwohl die Briten angeblich versuchten, die Schiffe zu blockieren, gelang es ihnen, die Lebensmittel zu liefern. Eine irische Zeitschrift schrieb: „Das Verhalten von Abdülmecid bei der erwähnten Gelegenheit war das eines guten, humanen und großzügigen Mannes. Als gläubiger Mohammedaner handelte er im wahren Geist eines Nachfolgers Christi und gab ein Beispiel, das viele bekennende Christen nachahmen sollten.“

Andererseits zeigt die osmanische Verfolgung der Jesiden, eines kurdischen Volkes, das mit den ursprünglichen Formen des esoterischen Sufismus, des Christentums und des Zoroastrismus verbunden ist, dass eine tief verwurzelte Spiritualität auf ähnliche Weise unterdrückt wurde wie im alten Europa die Ketzer.

1750 – Zeichen des letzten kulturellen Bruchs?​

 

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„Polyethnizität und nationale Einheit in der Weltgeschichte“, William H. McNeill

William H. McNeill führt die Wurzeln des modernen Nationalismus auf die Zeit um 1750 zurück: Vor dieser Zeit dachten die Menschen nicht in erster Linie in Bezug auf rassische oder religiöse Unterschiede – Gemeinschaften, Königreiche und Reiche wurden als heterogen angesehen, wobei die Menschen friedlich und in relativer Harmonie zusammenlebten. Es gab zwar eine Erinnerung an eine alte Zeit, in der die Völker homogen und getrennt voneinander gelebt haben (z.b. die Erinnerung an das alte Germania), aber es scheint, dass die Menschen einfach versuchten, dass beste aus der aus den neuen Lebensbedingungen erwachsenen Völkervermischung zu machen.

McNeill schreibt: „…um 1750 muss in Westeuropa etwas geschehen sein, das die vorherrschenden Muster der zivilisierten Gesellschaft verändert hat.“ Aber was ist passiert? Seine Bemerkung könnte uns zu einem besseren Verständnis des letzten kulturellen Bruchs führen, der unsere moderne Lebensweise geprägt hat.

McNeill vermutet eine Kombination verschiedener Faktoren, darunter die klassische, in der Antike begründete Bildung, das Bevölkerungswachstum und das moderne Militär. Aber er gibt immer noch keine klare Antwort darauf, warum sich genau im Jahr 1750 etwas änderte und nicht etwa 1650 oder 1850.

Die Bevölkerung begann zu explodieren – das markierte einen Wendepunkt:

„Noch nie zuvor ist die Zahl der Menschen überall oder fast überall gleichzeitig in die Höhe geschnellt, soweit man das sagen kann.“

Ihm zufolge war die Bevölkerungsexplosion auf dem Land eine der Hauptursachen für die Revolutionen, da es auf dem Land nicht genug Arbeit gab, so dass die Menschen in die Städte ziehen mussten, verzweifelt auf der Suche nach Nahrung, Unterkunft und einem angemessenen Lebensstandard. Dies stellte die traditionelle Ordnung auf den Kopf – vor allem in den Reichen, die nicht über eine stabile Nahrungsmittelversorgung auf der Grundlage kalorienreicher Knollen wie Kartoffeln verfügten. Irland war ein Beispiel für eine stabile Gesellschaft, die auf einem effizienten Kartoffelanbau basierte – der Untergang Irlands war nicht der Mangel an Nahrungsmitteln, sondern die politischen Ambitionen des britischen Empire und die künstliche Herbeiführung einer Hungersnot.

McNeill ist verwundert über den Effekt, dass die menschliche Bevölkerung überall auf der Welt auf einmal zu explodieren begann, wofür es derzeit keine befriedigende Erklärung gibt. Was wäre, wenn die Ursache ein massiver Kataklysmus oder Krieg war, der die Menschheit weitgehend dezimiert hat?

Die kleine Eiszeit und das Jahr ohne Sommer​

Laut McNeill ist das Klima kein wesentlicher Faktor, und ich neige dazu, ihm zuzustimmen. Die grundlegende Ursache war etwas anderes, und es gibt keine Aufzeichnungen in der Geschichte, was passiert sein könnte – wir sehen nur den rauchenden Colt, die industrielle Revolution. Aber ich vermute, dass die Wiedereinführung einer geheimen Technologie in den westlichen Nationen dahinter steckt. Diese mysteriöse Wiedereinführung verschaffte den westlichen Staaten einen unfairen Vorteil gegenüber allen anderen Königreichen und Imperien der Erde und setzte ein massives Bevölkerungswachstum in Gang.

Aber auch klimatische Faktoren könnten eine Rolle spielen. Die Zeit zwischen 1600 und 1700 war bemerkenswert kalt – ein Zeichen für einen großen Kataklysmus, der lange Zeit andauerte (das heißt, wenn die historische Dokumentation plausibel ist. Gehen wir einfach davon aus, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt sehr kalt wurde, auch wenn wir die angegebenen Zeiträume nicht blind akzeptieren).

Während sich das Klima in der Mitte des 18. Jahrhunderts normalisierte, wurde die ganze Welt im Jahr 1816 von einem mysteriösen Ereignis heimgesucht, das heute als „Jahr ohne Sommer“ bezeichnet wird (so heißt es jedenfalls) und das wahrscheinlich zum Erfolg der revolutionären Bewegungen beitrug. Interessanterweise wird das Jahr ohne Sommer immer noch als Teil der Kleinen Eiszeit angesehen.

„Zwischen 1680 und 1730, dem kältesten Zyklus der Kleinen Eiszeit, fielen die Temperaturen stark ab, die Vegetationsperiode in England war etwa fünf Wochen kürzer als in den wärmsten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts. (…)
In Frankreich brodelte es 1788 auf vielen politischen Agenden, aber die Armen, die sich nicht für Politik interessierten, hatten vor allem eine Sorge – Brot. (…) Die Schwäche der französischen Sozialordnung, die durch Generationen chronischen Hungers entstanden war, trug zu den Gewaltausbrüchen vor den historischen Ereignissen des Sommers 1789 bei, als die „Große Angst von 1789“ große Teile Frankreichs in Massenhysterie und Revolution versetzte und die Bauernschaft in die politische Arena warf. (…)
Soziale Unruhen, Plünderungen, Ausschreitungen und kriminelle Gewalt brachen 1816 in ganz Europa aus und erreichten im folgenden Frühjahr ihren Höhepunkt. Jahrhundertelang hatte das Volk auf Missernten und Hungersnöte mit inbrünstigen Gebeten und Unruhen reagiert. (…) Aber die Getreideunruhen von 1816/17 waren von einem Ausmaß an Gewalt geprägt, das seit der Französischen Revolution unbekannt war. (…)
Das Jahr 1816 erlangte auf beiden Seiten des Atlantiks sofort Berühmtheit als „das Jahr ohne Sommer“. (…) Die Existenzkrise löste in ganz Europa eine massive Auswanderung aus. Ein Vierteljahrhundert Krieg hatte eine ganze Generation potenzieller Auswanderer aufgestaut. Zehntausende von Menschen fuhren den Rhein hinunter von den deutschen Staaten nach Holland, in der Hoffnung, nach Amerika zu gelangen.“
– The Little Ice Age, Brian Fagan​

 

Nationalstaat, klassisches Altertum und Rennaissance-Fälschungen​

Die philosophische Grundlage für die modernen Revolutionen, die die Monarchien und Königreiche pulverisierten und sogar jene formellen Monarchien aushöhlten, die als Sieger aus dem Ersten Weltkrieg hervorgingen (insbesondere Großbritannien), basierte auf den klassischen Autoren der Antike – Platon, Artistoteles usw.

Diese Autoren hatten bereits vor 2000 Jahren komplexe Theorien über moderne Nationalstaaten entwickelt, und die wohlmeinenden Revolutionäre brauchten nur diese alten Bücher aus der Schublade zu holen, sie abzustauben, und voila – da war er, der perfekte Rahmen für die Moderne.

Da wir bereits wissen (Die Fälschung der römischen Antike (Teil 1/3)), dass die meisten Werke um 1500 von den päpstlichen Fälscherwerkstätten in europäischen Klöstern oder von venezianischen „Gelehrten“, die mit dem Papst in Verbindung standen, geschaffen wurden, sollten wir uns ein paar Fragen stellen.

Was wäre, wenn die Theorien, die das Konzept der Demokratie hervorgebracht haben, erst vor 500 Jahren erfunden wurden, kurz bevor es in der Neuzeit in die Praxis umgesetzt wurde? Selbst wenn die Originalwerke schon vorher existierten, würde ihre Verfälschung effektiv einen neuen Kontext und eine neue Bedeutung schaffen, was einen ähnlichen Effekt hätte, wie sie neu zu erfinden.

Was moderne Gelehrte heute unter Demokratie verstehen, wurde damals Politeia genannt, da die Demokratie eigentlich als die degenerierte Version der Polis (Stadtstaat) angesehen wurde. Politeia steht für die Gemeinschaft der Bürger in einer Stadt oder einem Staat.

Was wäre, wenn die antiken Konzepte, die in Werken wie der Politeia von Platon niedergeschrieben wurden, in dieser Form vor 1500 nie existiert haben und nur ein Fantasieprodukt der Renaissance sind, ein Versuch, die Monarchien philosophisch zu untergraben? Ein Ableger des heidnischen Materialismus und Nihilismus, ein Versuch, die traditionellen Wurzeln der Menschheit zu untergraben.

Interessanterweise wird politeia im griechischen Neuen Testament mit „Gemeinwesen“ oder „Freiheit“ übersetzt und hatte nichts mit der platonischen politischen Theorie zu tun. Tatsächlich scheint es, dass der Begriff politeia ursprünglich nur ein allgemeiner Begriff war, der das Regieren im weitesten Sinne beschrieb, bis er vom jesuitischen Vatikan und seinen Verbündeten als Instrument für politische Propaganda eingesetzt wurde. In Buch III von „Politik“ gibt Aristoteles zu, dass sich politeia allgemein auf jede Form der Regierung oder Verfassung bezieht, fährt dann aber fort, eine sehr enge Definition seiner Version zu beschreiben, was auf einen Versuch der Chronologiefälscher hindeutet, die Öffentlichkeit einer Gehirnwäsche zu unterziehen.

Einer der humanistischen Fälscher aus Venetien war Pietro Alcionio (er lebte im 15-16. Jahrhundert), der von Papst Clemens VII. geschützt wurde. Dieser Mann wurde beschuldigt, die einzige Originalabschrift von Ciceros verlorenem Traktat De Gloria zerstört zu haben. Die Zerstörung von Originalen und die Erstellung schlampiger, falscher oder unvollständiger Kopien – ein gängiger Vorwurf gegen die venezianischen Humanisten unter der Schirmherrschaft der Päpste.

Er übersetzte viele byzantinische griechische Werke für ein westliches Publikum ins Lateinische, und wir können davon ausgehen, dass sein Hauptziel darin bestand, die byzantinische Kultur im Auftrag des Vatikans zu entstellen. In Gelehrtenkreisen gibt es Gerüchte, dass Alcionios Werke in Byzanz praktisch verboten waren, aber darüber gibt es keinen Konsens. Das würde mich nicht überraschen – schließlich war es ein Kulturkrieg zwischen subversiven päpstlichen Kräften, die versuchten, alles zu untergraben, worauf die antike Welt beruhte, und den Kräften der Tradition.

Heidnische Papisten gegen das orthodoxe Byzanz?​

Warum geben sich die Heiden mit Aratus dem Dreifachverfluchten ab?
Warum wandern sie ziellos in Richtung Platon?
Warum lieben sie Demosthenes, den Schwachen?
Warum erkennen sie nicht, dass Homer ein leerer Traum ist?
Warum sprechen sie ständig von Pythagoras, der zu Recht zum Schweigen gebracht wurde?

– Die Hymnen des Romanos, 6. Jahrhundert Byzanz

Eine Arbeitshypothese, die sich aus den verfügbaren Fakten ergibt, ist, dass das päpstliche Rom eigentlich heidnisch und nicht christlich war. Es gab nur zu einem bestimmten Zeitpunkt vor, christlich zu sein, und das aus irgendeinem Grund recht erfolgreich. Aber es scheint, dass die meisten gebildeten Menschen wussten, was diese Leute planten.

Das Heidentum wird mit Götzenanbetung, satanischen Ritualen und rituellen Opfern in Verbindung gebracht. Man könnte die modernen Netzwerke von Geheimgesellschaften, die gewöhnlich als Illuminaten bezeichnet werden, wahrscheinlich auf diese heidnischen Wurzeln zurückführen. Ich denke, es läuft im Grunde darauf hinaus, dass sie die materielle Schöpfung, die Erde, verehren, die durch Saturn, ein Symbol für Satan, symbolisiert wird. Es scheint, dass es in der alten Welt, vor allem in Rom (Italien), Frankreich und Spanien, eine Gruppe gab, die nicht nur das Heidentum praktizierte, sondern auch einen Plan ausarbeitete, um ihren Erzfeind, das Christentum, im Namen des römischen Katholizismus zu unterwandern. Aus irgendeinem Grund war ihr Plan erfolgreich, und zwischen 1400 und 1700 gelang es ihnen, die Kontrolle über ihren Gegner zu erlangen, und sie schlüpften in die Kleider der christlichen Kirche.

Die meistgehassten klassischen Autoren im orthodoxen christlichen byzantinischen Reich waren Platon und seine Schüler. Er galt als antichristlich und heidnisch, und der Platonismus wurde als Versuch angesehen, die religiöse Ordnung zu zerstören.

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„Das Hauptwerk des platonischen Philosophen George Gemistos Plethon, die Gesetze, wurde vom Patriarchen Gennadios Scholarios, dem es zur Einsichtnahme vorgelegt worden war, mit der Begründung verbrannt, es sei ein Versuch, die heidnische Religion der klassischen Antike wiederherzustellen.“
– „Scholars of Byzantium“, Nigel G. Wilson, S. 15

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem päpstlichen Rom und dem byzantinischen Rom lässt sich an folgendem Beispiel erkennen: Der Papst und sein Heer von Fälschern versuchten in der Regel, die Überlieferungen zu kontrollieren, indem sie bestehende Werke manipulierten oder zensierten. Viele Originale verschwanden gänzlich, aber einige wurden umgeschrieben. Einige orthodoxe griechische Werke wurden von Venezianern übersetzt, und in diesem Prozess konnte der Papst Wissen aus den Büchern entfernen, das er als gefährlich für seine Macht ansah. Zum Beispiel schrieb der Papst im Westen Roms, Gregor XIII., 1573 eine neue Ausgabe von Boccaccios Dekameron im Einklang mit den neuen Regeln des Konzils von Trient völlig neu.

Das Grabmal dieses Papstes ist sichtlich heidnisch, wie hier gezeigt (englisch):

Irgendwie haben wir Minerva alias Athene in das Grabmal von Gregor XIII. integriert. Warum sollte ein christliches Oberhaupt, das 1585 starb, diese römische Göttin auf seinem Grabmal haben? Wir sprechen hier von einer heidnischen Kriegsgöttin auf dem Grabstein des Papstes. Ich glaube, das Bild links ist Clio, die Muse, aber ich bin mir nicht sicher.

 

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Camillo rusconi, monumento a gregorio XIII, 1723

Die Antwort ist wahrscheinlich, weil sie keine Christen waren – die Zeit Gregors fiel in die Zeit der Rennaissance-Fälschung, als diese Heiden aktiv daran arbeiteten, die Öffentlichkeit zu täuschen. Faszinierenderweise planten sie weit in die Zukunft voraus, denn alle Daten zeigen, dass ihnen damals fast niemand glaubte. In jenen Zeiten waren die Reiche wahrscheinlich in zwei gegensätzliche Fraktionen gespalten – diejenigen, die das Heidentum ablehnten, und diejenigen, die sich mit ihm identifizierten. Und letztere würden wahrscheinlich den Versuch unterstützen, das Christentum zu unterwandern. Es war die Zeit der Kriege des Vatikans gegen die freien italienischen Stadtstaaten. Papst Alexander VI. versuchte zum Beispiel, Mittelitalien unter seine Kontrolle zu bringen.

Im Gegensatz zu den machiavellistischen Strategien der Vatikankirche zensierten die byzantinischen Kaiser keine literarischen Werke, sondern beschränkten den Zugang nur auf die sogenannten „Eingeweihten“, und theoretische und pädagogische Studien waren immer möglich, solange man nicht versuchte, ihre Lebensweise zu stürzen:

„…die Werke von Platon wurden nicht auf ein zeremonielles Scheiterhaufen gehäuft, noch sind die philosophischen Essays von Italos spurlos verschwunden. Stattdessen wurden Anathema gegen diejenigen ausgesprochen, die an heidnische Ideen über die Seele und die Erschaffung der Welt glauben, gegen diejenigen, die die platonische Ideentheorie akzeptieren, und gegen diejenigen, die heidnische Literatur zu anderen als rein pädagogischen Zwecken studieren, und die in die Liturgie des ersten Sonntags der Fastenzeit aufgenommen werden sollten. Der Begriff der Bildung, der in dieser Schutzklausel enthalten ist, ist typisch für Byzanz; das literarische Studium der antiken Autoren verpflichtet nicht dazu, ihre Ansichten zu akzeptieren, noch disqualifiziert die Falschheit ihrer Ansichten in vielen Fragen sie als geeignetes Material für einen Lehrplan.“
– Scholars of Byzantium, S.13​

Diese tolerante Kultur lebte wahrscheinlich im Osmanischen Reich weiter – wenn auch auf weniger offensichtliche und subtilere Weise.

Dekonstruktion der traditionellen Lebensweise unter westlichem Druck​

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„Die islamischen Gesellschaften waren besonders gefährdet. Die internen Kämpfe, die das Osmanische Reich im neunzehnten Jahrhundert lähmten und verarmten, sind ein klassisches Beispiel für den Preis, der zu zahlen ist, wenn der Wille, den Talisman der nationalen Größe zu erlangen, stark ist, während der soziale Kontext, in dem diese Idee verfolgt werden muss, hartnäckig widerspenstig ist.“
– „Polyethnizität und nationale Einheit in der Weltgeschichte“, William H. McNeill

Die größte Schwäche des Osmanischen Reiches war seine starke Bindung an das Regierungssystem und die Kultur der alten Welt. Wenn es um die Regierungsführung geht, müssen wir uns die alte Welt als diametral entgegengesetzt zu der Welt, die wir heute kennen, vorstellen. Anstelle einer zentralisierten Kontrolle durch eine zunehmend globale Regierung gab es selbsttragende lokale Systeme, sogar auf Stadtebene, die friedlich miteinander koexistierten.

Im Osmanischen Reich waren zwei Beispiele dafür die Millets und die Mahallahs. Die Millet gewährte Nicht-Muslimen wie den Griechisch-Orthodoxen, Armeniern und Juden Freiheit und Autonomie sowie einen eigenen Gerichtshof. Die Mahallahs waren autonome lokale Regierungsbezirke, die von jeglicher zentraler Aufsicht befreit waren. Dieses System ist zwar perfekt für eine friedliche Welt, funktioniert aber nicht in der Welt nach dem Reset, die von politischer Dominanz und Kriegen geprägt ist.

Nach der offiziellen Geschichtsschreibung hatten die muslimischen Türken das Byzantinische Reich erobert, aber die orthodoxe christliche Religion lebte weiterhin relativ friedlich mit dem Islam zusammen. Die griechisch-orthodoxe Kirche wurde als autonomes Millet betrachtet. Es scheint, dass Muslime und orthodoxe Christen gleichermaßen nur die Päpste des Vatikans als ihre Feinde betrachteten. Das ist ein Muster, das wir immer wieder sehen – die „Papisten“ waren der gemeinsame Feind, und alle anderen Gruppen waren mehr oder weniger geeint in ihrem Protest gegen die Papisten. Das ging so weit, dass das Byzantinische Reich die Eroberung durch die Türken im Jahr 1453 lieber hinnahm, anstatt den weströmischen Papst um Hilfe zu bitten. Die Bedingung für die Hilfe war, dass sich die griechisch-orthodoxe Kirche wieder mit dem italienischen Rom vereinigte, was im Grunde genommen bedeutet hätte, dass sie vom Vatikan kontrolliert worden wäre. Da die Türken nichts gegen das orthodoxe Christentum einzuwenden hatten, waren beide keine wirklichen Feinde. Es gab immer noch eine gewisse Erinnerung daran, dass sowohl das Christentum als auch der Islam die gleiche geistige Grundlage hatten. Sie konkurrierten miteinander, aber auf einer eher lockeren Ebene.

Dieses dezentrale Regierungssystem existierte in der gesamten muslimischen Welt und wurde etwa zur gleichen Zeit zerstört. Die Sowjets lösten das System vom Nordosten her auf, und die europäischen Reiche kamen aus dem Westen.

Buchara zum Beispiel, ein wichtiges Handelszentrum in der Welt nach dem Reset, war Teil des Emirats Buchara. Im Jahr 1868 eroberten die Sowjets das freie Reich.

Noch 1938 wurde Buchara als „verzauberte Stadt“ bezeichnet, deren Gebäude mit „der schönsten Architektur der italienischen Renaissance“ konkurrierten.

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„Die Bombardierung Bucharas im Jahr 1920 durch bolschewistische Truppen unter dem Kommando von Michail Frunse markierte den Beginn der Zerstörung des alten Stadtraums der Stadt. Die Trümmer wurden im September/Oktober 1920 beseitigt und bildeten ein riesiges Ödland. Menschen aus ganz Buchara flohen, Moscheen und Madrasas standen leer.“ (Quelle)

Die Mahallas waren selbstverwaltete autonome Gemeinschaften, die in eine größere Gesellschaft eingebettet waren:

Jeder Stadtteil mahalla – Einheit der lokalen Selbstverwaltung – von Buchara hatte eine Schule, während wohlhabende Familien ihre Kinder zu Hause unterrichteten. Kinder begannen im Alter von sechs Jahren mit der Grundschulausbildung. Nach zwei Jahren konnten sie in die Madrasa gehen. Die Ausbildung in der Madrasa bestand aus drei Stufen von jeweils sieben Jahren. Die gesamte Ausbildung in der Madrasa dauerte also einundzwanzig Jahre. Die Schüler lernten Theologie, Arithmetik, Jurisprudenz, Logik, Musik und Poesie.

Die Sowjets schafften es, das System umzukrempeln und seinen Zweck zu pervertieren:

Nach der Gründung der Sowjetunion wurden die informellen Mahalla-Organisationen der staatlichen Kontrolle unterstellt und dienten als lokaler verlängerter Arm der Sowjetregierung. Mahallas galten als „Augen“ und „Ohren“ der sowjetischen Regierung; die Mahalla wurde zu einem Kontrollmechanismus des Staates und die Mahalla-Führer wurden von der Regierung ernannt.

Als die osmanischen Herrscher die Gefahr erkannten, die sich am Horizont abzeichnete, und die Strategie der autoritären, militärischen und kriegerischen Nationen des Westens und Russlands, war die einzig mögliche Reaktion, ebenfalls autoritär zu werden, auch wenn sie moralisch dagegen waren. Sie mussten ihre Kultur von Grund auf umgestalten. Das war nicht einmal im Entferntesten möglich, weshalb das Imperium am Ende auseinanderbrach.

Freiheit und dezentrales Regieren waren zu tief in der muslimischen Kultur verwurzelt. Die Bevölkerung identifizierte sich als die Überlebenden von Byzanz, und ihr stolzes Erbe und ihre tief verwurzelte Bildung in Verbindung mit einer schwer zu kontrollierenden Landbevölkerung machten eine zentrale Kontrolle unmöglich.

Dennoch versuchten es die Herrscher: Sultan Abdulmejid I. erließ 1839 das Edikt von Gülhane, einen verzweifelten Versuch, die Gesellschaft von Grund auf neu zu strukturieren, um die wachsende Gefahr der Vernichtung durch die mächtigen westlichen Staaten abzuwenden. Das Ziel war ein monolithischer Staat mit einer zentralen Autorität, die Angriffen und Umstürzen von außen widerstehen konnte. Diese Zeitspanne wurde als Tanzimat bezeichnet.

Während der Hauptgrund die Modernisierung des Militärs war, bestand das eigentliche Ziel darin, die Kontrolle über die gesamte Bevölkerung zu erlangen. Dieser Schritt war zwar reaktionär, aber es ist nicht auszuschließen, dass diese politischen Veränderungen die osmanischen Herrscher im Laufe der Zeit langsam korrumpierten und sie genauso machthungrig machten wie ihre westlichen Gegenspieler.

Da der Tanzimat von einem Geheimbund namens „Junge Osmanen“ (der wahrscheinlich von den Freimaurern kontrolliert), der auf radikalere Ziele hinarbeitete, als unzureichend angesehen wurde, scheinen die Herrscher immer noch halbwegs angemessen zu agieren.

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Ziya Pasha, einer der Gründer der Jungen Osmanen

Ziya: „Mache ich so das geheime Handzeichen? Tut mir leid, das ist neu für mich.“
Freimaurer-Fotograf: „Sie machen das toll, keine Sorge.“

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Konstantinopel im Osmanischen Reich – Typisches Beispiel für Menschen, die nicht in die beeindruckenden Strukturen gehören, in denen sie leben. Sie leben in den Ruinen und Traditionen einer Vergangenheit, an die sie sich zu erinnern versuchen, aber die Erinnerungen verblassen mit jeder Generation.

Diese Verstaatlichung führte zu einer zunehmenden Feindseligkeit der Muslime gegenüber den Nicht-Muslimen, und letztere wurden langsam ihrer Rechte beraubt. Dies ist ein Beispiel dafür, wie die Zerstörung der Monarchien die nationalistischen Ideologien des 20. Jahrhunderts hervorbrachte und verschiedene Gruppen gegeneinander aufbrachte.

Das Bankensystem wurde „modernisiert“ (Papierbanknoten). Postämter wurden eingerichtet. Postämter sind ein Kennzeichen der postmonarchischen Welt und wurden vorher nicht benötigt. Die erste Volkszählung wurde durchgeführt. Es wurden Personalausweise eingeführt, die die Menschen zu Vieh machten. Staatlich kontrollierte Bildungsreformen. Universitäten. Telegrafen-Netze. Eisenbahnsysteme. Die Börse. Und viele andere Dinge.

Für die herrschenden Kräfte funktionierte das alles perfekt – das Osmanische Reich brach noch vor dem Ersten Weltkrieg zusammen, und der Krieg bedeutete das offizielle Ende des alten Systems. Für das Osmanische Reich waren die Reformen eine Katastrophe. Die Historikerin Zeynep Çelik schrieb: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Osmanische Reich von 1838 bis 1908 seinen letzten, aber zum Scheitern verurteilten Kampf ums Überleben führte.“

Was bleibt, ist die Frage, was die Industrielle Revolution auslöste, die traditionelle Monarchien und Königreiche auf der ganzen Welt in die turbulente Moderne katapultierte und die Nationalstaaten schuf, in denen wir heute leben. Selbst wenn diese Technologie mehr oder weniger zufällig erfunden wurde und der Westen einfach nur Glück hatte, gibt es doch Anzeichen für ein schwer greifbares und in der Geschichte nicht dokumentiertes kataklysmisches Ereignis, das die industrielle Revolution ermöglichte und die Gesellschaft von Grund auf neu strukturierte.

Die Entwicklungen des Osmanischen Reiches zeigen, dass unsere Vorfahren unsere Kultur als auf dem Weg der Degeneration und des Verfalls befindlich ansahen. Die Menschen blickten stets auf eine glorreichere Vergangenheit zurück, und alles, was an der Gegenwart gut war, war gut, weil es seinen Ursprung in dieser Vergangenheit hatte.

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