Wieder einmal sind die Toilettenpapierregale in vielen deutschen Supermärkten leer. Doch diesmal sind nicht Hamsterkäufe schuld: Hohe Energiepreise und Rohstoffknappheit setzen die sogenannte Tissue-Industrie unter Druck.
Vor fast genau zwei Jahren hatten die deutschen Verbraucher bereits mit einem ähnlichen Problem zu kämpfen: In den Toilettenpapierregalen in Supermärkten und Discountern herrschte gähnende Leere. Heute, in der mittlerweile vierten Corona-Welle, werden bestimmte Tissue-Produkte wieder knapp. Diesmal ist die Ursache jedoch eine andere. Wie die „Lebensmittelzeitung“ (LZ) berichtet, setzen die hohen Energiepreise und knappe Rohstoffe die Branche unter Druck.
Zellstoff ist knapp
Hinzu kommt: Der Hauptrohstoff für Toilettenpapier, Zellstoff, wird laut der Zeitung immer knapper. Der akute Grund dafür ist, dass die Fracht von Schiffen nicht rechtzeitig entladen werden kann. Laut LZ erwarten Zellstoffexperten, dass sich die Lage in den kommenden Wochen weiter zuspitzen wird. Zum einen wurden in der Branche bereits Preiserhöhungen für Zellstoff angekündigt. Zum anderen streike die Belegschaft des finnischen Zellstoffherstellers UPM seit Anfang 2022, berichtet die Zeitung. Der Streik soll nun um zwei Wochen verlängert werden – was auch Auswirkungen auf die Hersteller in Deutschland haben könnte.
Die Zellstoff-Knappheit hat sich aber schon bemerkbar gemacht. Nach Angaben der LZ haben einige Tissue-Hersteller bereits die Auslieferung eines Teils ihrer Produkte eingestellt. Ein italienischer Hersteller habe die Produktion gedrosselt, weil sich die Auslieferung angesichts der hohen Preise nicht mehr lohne. Sogar laufende Lieferverträge könnten gekündigt werden, heißt es.
Kleine Unternehmen fürchten um Existenz
Auch in Deutschland drohen sich die Engpässe bemerkbar zu machen. Lieferverträge wurden noch nicht gekündigt, aber der deutsche Marktführer Essity beispielsweise kündigte Preiserhöhungen an. Der Wettbewerber Sofidel soll bereits nachgezogen haben. Noch dürfte das Problem jedoch nicht seinen Höhepunkt erreicht haben, wie aus der Branche zu hören ist – die Lage könnte sich in den kommenden Wochen deutlich verschärfen, berichtet die Zeitung.
Nicht nur Lieferverträge könnten gekündigt werden, kleine Hersteller könnten diese Krise möglicherweise nicht überleben. Einigen der kleineren Hersteller droht Insolvenz, eine Konsolidierung des Marktes wird immer wahrscheinlicher. Nach LZ-Informationen müssen einzelne Hersteller aufgrund ihrer angespannten Finanzlage bereits jetzt in Vorleistung gehen, zum Beispiel bei Zellstoffbestellungen.
Hersteller und Händler können sich nicht einigen
Nachdem Preiserhöhungen bei Tissue-Produkten erst im November und Dezember im Handel akzeptiert wurden, stoßen die angekündigten Preiserhöhungen auf wenig Verständnis. Laut LZ konnten sich der Markenhersteller Hakle und Rewe immer noch nicht einigen – daher sind in Rewe-Märkten derzeit keine Produkte des Tissue-Herstellers zu finden. Hakle bemüht sich derzeit um Verträge mit anderen Händlern – zuletzt soll der Hersteller mehrere Aktionsgeschäfte mit Aldi Süd abgeschlossen haben. Auch Zewa-Hersteller Essity und Edeka konnten sich angeblich nicht einigen.
Laut Bericht liefern wohl fast alle Hersteller nicht mehr in vollem Umfang. Teilweise müssten sie die knappe Ware aufteilen und bevorzugten Einzelhändler, die Preiserhöhungen akzeptiert hätten, heißt es. Wer bei Lidl oder Netto einkauft, werde Engpässe bemerken, dm und Aldi hätten dagegen keine Probleme.
Während die letzte Toilettenpapierknappheit Anfang 2020 auf panische Hamsterkäufe der Verbraucher zurückzuführen war, haben die Versorgungsengpässe dieses Mal weniger mit der Pandemie zu tun. Trotzdem hat auch Corona diese Branche weiterhin im Griff. Denn die Omikron-Welle sorgt bei vielen Lieferanten für einen hohen Krankenstand und Schichtausfälle. Nach LZ-Informationen könnten es sich die Hersteller nicht leisten, Überstunden oder Sonderschichten zu fahren- das würde sich bei den derzeitigen Lieferpreisen für Tissue-Produkte nicht lohnen.