Bundesinnenministerin Nancy Faeser distanziert sich von ihrer Abschaltdrohung gegenüber Telegram. Sie habe lediglich den Druck auf den Messenger erhöhen wollen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat sich von ihrer Drohung distanziert, den Messenger-Dienst Telegram bei weiteren Verstößen gegen deutsche Gesetze sperren zu lassen.
„Es ist natürlich nicht mein Ziel, Telegram abzuschalten“, sagte Faeser im Hessischen Rundfunk. Mit ihrer Abschaltdrohung in einem Interview vor zwei Wochen sei es ihr vor allen Dingen darum gegangen, „den Druck zu erhöhen“.
Faeser hatte in der Wochenzeitung „Die Zeit“ eine Abschaltung von Telegram als „ultima ratio“ bezeichnet. Sie sagte HR-Info jetzt, sie habe damals lediglich die „Gangart“ gegenüber Telegram „etwas verschärft“, um zu erreichen, dass der Dienst tätig werde, wenn es um Morddrohungen, Hass und Hetze gehe.
Telegram dient der Radikalisierung
Telegram entwickelt sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden zunehmend zu einem Medium der Radikalisierung. Besonders betroffen sind Politiker sowie Experten aus Wissenschaft und Medizin, die sich bei der Bewältigung der Corona-Pandemie öffentlich engagieren.
Mitte Dezember durchsuchte die Polizei Objekte von Mitgliedern einer Chatgruppe, die auf Telegram Mordpläne gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) äußerten.
Die Bundesregierung will Telegram dazu bringen, entschlossen gegen Hass und Hetze vorzugehen. Die Firma ist für die deutschen Behörden jedoch schwer greifbar. Das von einem Russen gegründete Unternehmen hat seinen Sitz in Dubai. Auf zwei bereits im April vergangenen Jahres verschickte Bußgeldwarnungen reagierte Telegram nicht.
BKA gründet Telegram-Taskforce
Erst gestern hat das Bundeskriminalamt (BKA) verkündet, eine gesonderte Taskforce zu gründen, die sich auf den Messenger Telegram spezialisiert hat. So sollen Straftaten besser nachverfolgt und verhindert werden können. Ebenso soll dadurch die strafrechtliche Verfolgung von potentiellen Tätern vereinfacht werden.
Die Telegram-Taskforce arbeitet in enger Abstimmung mit den Polizeistellen der Bundesländer und der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main zusammen.
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„Insbesondere die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, dass sich Menschen auf Telegram radikalisieren, andere bedrohen oder sogar Mordaufrufe veröffentlichen“, erklärte BKA-Präsident Holger Münch in einem Statement.