Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ist links zu sehen. Rechts siehst du das Paul-Löbe-Haus. Und im Hintergrund das Reichtstagsgebäude.
Wenn Touristen den Arbeitsplatz der deutschen Regierung in Berlin besuchen, wollen viele vor allem eins: nach oben in die große Glaskuppel auf dem Reichstagsgebäude steigen. In rund 50 Meter Höhe lassen sich auch die besten Erinnerungsfotos machen. Was viele aber nicht wissen: Tief unter ihnen, versteckt in der Erde, liegt eine weitverzweigte Tunnel-Welt.
Diese Tunnel verbinden die verschiedenen Gebäude des Parlamentsviertels. Denn der Reichstag mit seiner Glaskuppel ist nur eines davon. Mehr als die Hälfte der 630 Abgeordneten im Bundestag haben ihre Büros im Jakob-Kaiser-Haus gegenüber, 1000 weitere Büros liegen im Paul-Löbe-Haus nebenan.
Vom Osten in den Westen
Die Abgeordneten und Angestellten können durch unterirdische Gänge von einem Gebäude ins nächste gelangen. An jeder Ecke erklärt ein Schild, wo man sich gerade befindet – sonst würde man sich verlaufen. Auf ihren Wegen kreuzen die Politiker auch die ehemalige Grenze zwischen Ost und West, auf der einst die Mauer stand. Das unterirdische Tunnel-System soll Zeit sparen und besonders sicher sein. Denn die oberirdischen Eingänge zu den Gebäuden werden streng kontrolliert. Polizisten bewachen jede Ecke. Besucher müssen ihren Ausweis vorzeigen, Taschen werden wie am Flughafen überprüft. Für das Tunnelsystem aber müssen die Abgeordneten ihren Ausweis bloß einmal vorzeigen, danach können sie unterirdisch Abkürzungen zu Besprechungen nehmen. Auch praktisch: Eine Jacke brauchen sie selbst bei Regen nie.
Straßen unter den Tunneln
Diese unterirdische Welt reicht aber noch tiefer – und wird noch geheimnisvoller. Unter der Fußgänger-Ebene befinden sich Straßen, durch die Autos und Lkw fahren. Sie liefern die Post für die Abgeordneten oder Lebensmittel für die Restaurants im Viertel. Der einzige Zugang wird streng bewacht. Nur mit einer Sondergenehmigung darf man die Schranke passieren. Jedes Auto wird per Scanner auf Bomben untersucht, die Personalien jedes Fahrers werden vorher von der Polizei kontrolliert. Die rund 15 000 Pakete und Briefe, die pro Tag ankommen, werden extra überprüft. Die Einfahrt zu diesem Tunnelsystem liegt nur ein paar Hundert Meter vom Reichstag entfernt, direkt vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus.
Aber die Spree trennt das Haus von den anderen Gebäuden. Während auf dem Fluss Touristenkähne schippern, brausen rund zehn Meter tiefer Lastwagen durch die Erde. Eine extradicke Schicht aus Beton und Stahl sorgt dafür, dass auch auf dem Fluss abgeworfene Anker die Gänge und Fahrwege nicht beschädigen können.
Der Lkw-Tunnel unter dem Fluss ist nicht nur beeindruckend. Sein Bau war mit rund 100 Millionen Euro auch sehr teuer. Viele kritisierten, dass sich die Politiker zu sehr von den Bürgern abschotten. Doch am Ende waren Sicherheit und die Entlastung für den Verkehr über der Erde wichtiger.